Wasser: Kontrolle statt Kommerz
Vor einem Jahr verabschiedeten die Vereinten Nationen eine Resolution, in der das Menschenrecht auf gesundes, sauberes Wasser und Sanitärversorgung als „unverzichtbar für den vollen Genuss des Rechts auf Leben“ anerkannt wurde. „Das ist eine richtungsweisende Entscheidung, leider hapert es an der Umsetzung. In der Trinkwasserverordnung 2011 ist die Verantwortung beschrieben, die Landesregierungen aber unternehmen nichts, um die Verordnungen in verbindliche Regeln zu fassen.“ sagt der Trinkwasser-Experte Jürgen Elsaß. In der Tat hat die Resolution eher den Charakter eines langfristigen Ziels.
In Anbetracht der Situation in vielen Ländern, speziell in Afrika, erscheint die Resolution der Vereinten Nationen wie eine Utopie. Aber auch in unserer industrialisierten und auf absolute Sicherheit ausgerichteten Gesellschaft ist das Menschenrecht auf gesundes und sauberes Wasser nicht immer gegeben. Mit der Resolution ist das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung genauso bedeutend wie jedes andere Recht der Vereinten Nationen, so unumstößlich wie die Menschenrechtscharta. Die Verantwortung für Wasser liegt damit eindeutig bei den Regierungen und nicht bei den Unternehmen oder gar Privatpersonen. Jede Regierung der Welt ist jetzt verpflichtet, der UNO einen Aktionsplan zur Erfüllung ihrer neuen Verpflichtung vorzulegen. Doch selbst wenn ein Aktionsplan vorliegt, ist noch nicht garantiert, dass dieser umgesetzt wird.
Zweifel angebracht
Jürgen Elsaß bezweifelt eine rasche Umsetzung: „Nicht einmal die Sauberkeit und Unbedenklichkeit unseres Trinkwassers ist in Deutschland gegeben. Es gibt keinerlei Regelungen, wer für die letzte Meile von der Wasseruhr zur letzten Entnahmestelle in einer Wohnung verantwortlich ist.“ Der Experte für Trinkwasser hat sich zum Ziel gesetzt, Druck auf die Regierung auszuüben, damit die Qualität des Trinkwassers deutschlandweit eindeutig geregelt wird. „Weil es keine eindeutige Verantwortlichkeit gibt, fühlt sich niemand zuständig. Das führt dazu, dass die Rohrleitungen in den Häusern oft in einem katastrophalen Zustand sind, der die Gesundheit der Menschen in hohem Maße gefährdet.“ Gefahrenquellen und Verunreinigungen werden oft vertuscht, wie Jürgen Elsaß selbst erlebt hat. „Vergleiche von Proben, die an der Wasseruhr und am Wasserhahn entnommen wurden, zeigten deutliche Unterschiede. Der Hauseigentümer fühlt sich nicht verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die Kosten werden gescheut. Wäre die Resolution der Vereinten Nationen konsequent umgesetzt, müsste die Regierung Regeln schaffen, die die Qualität sicherstellen.“
Wer trinken will, muss zahlen
Laut WHO- und Unicef-Studien werden die Ziele im Bereich der Wasserversorgung sukzessive erreicht. Gemessen wird das an dem Kriterium der Zahl der neu verlegten Leitungen. Die Argumentation: Je mehr Leitungen verlegt werden, desto mehr Menschen haben Zugang zu sauberem Wasser. In Entwicklungsländern mag das Vorhandensein von Leitungen sicher als Fortschritt betrachtet werden. In Deutschland jedoch stellt sich die Frage ganz anders. „Leitungen gibt es genug, die Frage ist nur, wer kontrolliert die Qualität? Was nützt ein weitverzweigtes Leitungssystem, wenn es bakteriell verseucht ist.“ erklärt Jürgen Elsaß. In der Tat erscheint die Fixierung auf neue Leitungen fragwürdig. „Es gibt Leitungen, schön und gut, aber kommt daraus auch sauberes Wasser?“ fragt der Experte. Eine weitere Frage ist der Preis. Wenn Trinkwasser in gesundheitlich unbedenklicher Qualität einen hohen Preis hat, ist die Zugänglichkeit wiederum eingeschränkt. Wer es sich nicht leisten kann, hat keinen Zugang. Eine klare Verletzung des von den Vereinten Nationen festgelegten Menschenrechts.
Für Jürgen Elsaß gibt es nur eine Lösung: „Die Qualität des Wassers muss der privaten Verantwortung entzogen werden und von der Regierung als allein verantwortliche Stelle geregelt, kontrolliert und zur Verfügung gestellt werden.“
Die aufgeführten Informationen stellen keine Rechtsberatung dar.
Im Einzelfall sollte ein Rechtsanwalt konsultiert werden.
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